Stefan Groskreutz, Head of Liquid Assets, erklärt im Interview mit Philipp Fischer von Citywire Deutschland, warum das Kontora Family Office nicht in Anleihen allokiert und warum „Skin in the Game“ für ihn bei der Managerauswahl wichtig ist.
Stefan Groskreutz ist Head of Liquid Investments beim Hamburger Family Office Kontora. Das Family Office verwaltet derzeit ein Vermögen von über €10 Milliarden bei einer Einstiegsgröße von €30 Millionen. Im Gespräch mit Citywire Deutschland erklärt er, warum Anleihen in der Asset Allokation auch in Zukunft keine Rolle spielen werden. Außerdem gibt er Einblicke in die Fondsmanagerauswahl des Family Offices.
Welche Investmentphilosophie verfolgen Sie?
Bei der Asset Allokation unterscheiden wir uns deutlich von anderen Häusern. Bei Kontora verwenden wir die Endowment-Philosophie der Yale-Universität als Grundlage für die Portfoliokonstruktion. Konkret bedeutet dies, dass wir mit einer sehr langfristigen Ausrichtung in einen breiten Katalog an Anlageklassen investieren und rund zwei Drittel unserer Allokation in privaten Märkte haben. Das letzte Drittel besteht vor allem aus kapitalmarktabhängigeren Anlageklassen wie Aktien oder Hedgefonds.
Können Sie das etwas konkreter beschreiben?
Unser grundsätzliches Verteilungsmodell ist relativ einfach. Wir haben ein Drittel Immobilieninvestments in allen Facetten, zum Beispiel Bestandsimmobilien und internationale Projektentwicklungen. Das zweite Drittel sind Unternehmensbeteiligungen an den Private Markets, also Private Equity, Venture Capital und an den öffentlichen Märkten, also Listed Equity (Aktien). Das letzte Drittel sind alternative Investments, ebenfalls aufgeteilt zwischen illiquiden Strategien, mit einem Schwerpunkt in Private Debt, und liquideren Strategien wie Hedge Fonds.
Anleihen spielen auf der liquiden Seite keine Rolle?
Wir haben Anleihen bereits vor vielen Jahren aus der Allokation genommen. Wir sahen und sehen in Anleihen mehr Risiken als Mehrwert. Klassische Allokationen wie 60/40 halten wir nicht für sinnvoll. Zudem reicht eine Rendite von 3% bis 4% zwar oft für den Vermögenserhalt aus, nicht aber für einen Vermögenszuwachs, den unsere Mandanten anstreben.
Doch können wir aufgrund unserer langfristigen Ausrichtung mit Private Debt-Strategien eine attraktive Illiquiditätsprämie vereinnahmen und durch die Kombination mit Investitionen in anderen Assetklassen ein Cash Flow-Profil nachbauen, das mit dem einer klassischen Anleihe vergleichbar ist.
Wie gleichen Sie das Beta im Portfolio aus?
Alternative Anlagestrategien, sowohl in privaten als auch in liquiden Märkten, haben das Potenzial, das Portfolio langfristig zu stabilisieren. Deshalb setzen wir im liquiden Bereich auch verstärkt auf Hedgefonds-Strategien, um Diversifikationseffekte zu erzielen. Hier gibt es aber keine einzelne Allwetterstrategie, sondern wir müssen ein Portfolio aus verschiedenen Strategien zusammenstellen.
Für illiquide Assets bedarf es höherer Anlagesummen. Ab welchen Vermögen betreuen Sie Kunden mit Ihrer Strategie?
Das ist ein wichtiger Punkt. Unser Ansatz funktioniert nicht für klassische Private-Banking-Kunden. Unsere Einstiegshürde für die Betreuung von Gesamtvermögen liegt bei rund €30 Millionen. Das ist die Mindestvoraussetzung, um die Strategie umsetzen zu können und ein resilientes Gesamtportfolio zu erreichen. Für Mandanten, die mit uns im Rahmen eines Investment Offices ausschließlich Investments umsetzen möchten, wäre ein Start bei €10 Millionen möglich.
Vor allem Private Debt und Private Equity sind in den vergangenen Monaten unter Druck geraten. Was bedeutet das für Sie?
Das Umfeld für Fondsinitiatoren ist schwieriger geworden. In der Regel dauert es derzeit deutlich länger, Geld einzusammeln. Mit den steigenden Zinsen hat sich das Interesse und der Investitionsfokus vieler institutioneller Investoren verschoben. Aber wir sehen gerade jetzt wieder besondere Chancen. Wir setzen daher unverändert unsere bewährte Investitionsstrategie um und investieren konsequent in Private Debt Strategien in Europa und den USA, weil wir hier viele attraktive Transaktionen und besondere Marktopportunitäten sehen.
Wie setzen Sie das Portfolio auf der liquiden Seite zusammen?
Auch hier verfolgen wir einen sehr langfristigen Ansatz, bei dem wir die Allokation nicht ständig neu ausrichten. Unser Portfolio besteht aus Kern- und Satellitenstrategien. Das Kernportfolio ist der Stabilitätsanker und besteht häufig aus breiten globalen Strategien, während wir mit den Satelliten dynamischere aktive Strategien abbilden.
Worauf kommt es Ihnen bei der Auswahl dieser aktiven Strategien an?
Erstens suchen wir Fondsmanager, die ein sehr konzentriertes Portfolio umsetzen. Wir sprechen hier von zehn bis 30 Titeln. Mehr Titel sind nicht notwendig, um eine ausreichende Diversifizierung zu erreichen. Wir suchen Manager, deren Portfolio unabhängig von einer Benchmark zusammengestellt ist und klare Akzente setzt. Marginale Über- oder Untergewichtungen sind keine klare Meinung und kein aktives Management.
Welche Rolle spielen aktive und passive Investments in der liquiden Strategie?
Wir setzen beide Ansätze ein, präferieren aber aktive Investments. Die Umsetzung erfolgt in Abstimmung mit den Mandanten. Mandanten, die einen stärker unternehmerisch geprägten Charakter haben, sind oftmals eher an aktiven Strategien interessiert. Es gibt aber auch Mandanten, die weniger Abweichungsrisiken eingehen wollen, dann setzen wir eher auf passive Ansätze.
Ein passives Kernportfolio würde aus Indexstrategien auf den MSCI World oder dem S&P 500 bestehen. Die Satellitenstrategien hingegen sind immer aktiv gemanagte Fonds. Hier setzen wir auf Diversifikationsthemen, die kein Bestandteil des Kerns sind, wie Small und Mid Caps oder Investments in den Emerging Markets. Grundsätzlich haben wir ein sehr kleines Universum an Strategien.
Wie wichtig ist Ihnen „Skin in the Game“?
Wir haben keine Strategie, in die der Manager nicht selbst signifikant investiert ist – unabhängig von der Anlageklasse. Für uns ist es sehr wichtig, dass der Fondsmanager in vielen persönlichen Gesprächen erklären kann, warum er von seiner eigenen Strategie überzeugt ist. Da machen wir keine Kompromisse.
Ein Fondsmanagerwechsel hätte ein De-Investment von Ihrer Seite zur Folge?
Ja, bei einem Fondsmanagerwechsel ziehen wir unser Investment fast immer zurück. Insbesondere bei Fonds, bei denen die Strategie mit dieser Person verbunden ist, müssen wir erwarten, dass der Investmentansatz nicht mehr wie bisher umgesetzt wird. Ausnahmen wären vielleicht systematische Ansätze, bei denen die Manager keine diskretionären Anlageentscheidungen treffen.
Worauf achten Sie noch bei der Selektion?
Natürlich spielt der Track Record zunächst eine große Rolle. Wir investieren nicht in First Time Funds. Die Größe ist dagegen nicht als Erstes entscheidend – wir investieren in kleinere, aber auch in größere Fonds. Wichtig ist uns, dass die Entscheidungsstrukturen in den Fonds klar sind. Wir sind keine Freunde von breiten Teamentscheidungen, bei denen sich oft nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt wird. Deshalb bevorzugen wir auch kleinere Fondsmanager gegenüber großen Investmenthäusern. Bei kleineren Häusern können die Manager freier entscheiden und sind nicht in überregulierte Prozesse eingebunden. Wir schrecken nicht vor „One Captain Ships“ zurück.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview ist auf https://citywire.com/de erschienen.