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Kontora Interview der Woche:
Anlässlich des Verkaufes der Aktienmehrheit von EUROIMMUN an PerkinElmer haben wir Herrn Prof. Dr. Stöcker am 30.10.2017 in Groß Grönau besucht. Nach einem von ihm selbst gekochten Mittagessen hat er uns Einblicke in die Entwicklung und die Erfolgsfaktoren von EUROIMMUN, die Transaktion mit PerkinElmer und seine weiteren Pläne gewährt.
Maurenbrecher:
Lieber Herr Prof. Stöcker, können Sie einmal schildern, wie es gelungen ist, dass EUROIMMUN sich über eine so lange Zeit so positiv entwickelt hat, was sind die Hauptgründe für diese Erfolgsgeschichte?
Stöcker:
Das Wichtigste ist die Kontinuität, die wir seit 1987 in unserer Arbeit erreichen konnten. In den ersten Jahren waren es jeweils Zuwachsraten von 30-40%, und dann ist es gelungen, das Wachstum bis heute bei 15% jährlich zu halten. Dies war möglich, weil wir einerseits kontinuierlich das Produktspektrum erweitert haben, und dann auch regional in immer neue Märkte vorgestoßen sind. Wir haben z.B. mit Nachweismethoden für Autoimmunkrankheiten angefangen, dann kamen später, weil sie auf gleichen Technologien beruhen, Infektionskrankheiten dazu, und dann Allergiendiagnostika. So haben wir uns Schritt für Schritt weiterentwickelt. Bei der Diagnostik gibt es auch unterschiedliche Richtungen, die wir eine nach der anderen dazu genommen haben einschließlich der Geräteentwicklung. Heute bauen wir z.B. große Pipettier-Roboter und eigene vollautomatische Mikroskope. Diese können in einer halben Sekunde ein Bild fotografieren und bringen den Kunden unglaubliche Zeitvorteile.
Maurenbrecher:
Wie erfolgt bei EUROIMMUN denn die Festlegung, in welchen neuen Geschäftsbereichen zusätzlich gearbeitet werden soll?
Stöcker:
Vierteljährlich tagen wir in großer Runde, bestehend aus 50 Abteilungsleitern, bei der wir gemeinsam überlegen, für welche Probleme wir neue Lösungen entwickeln könnten und in welche Richtung wir forschen und entwickeln sollten. Da geht es gelegentlich nach meiner Pfeife, aber wenn allgemein eine andere Meinung dominiert, dann lasse ich mich überzeugen und füge mich.
Maurenbrecher:
Wie kam es denn zu den Gesprächen mit PerkinElmer?
Stöcker:
Unser Niederlassungsleiter in den USA hatte mir den CEO von PerkinElmer, Robert Friel, einmal vorgestellt und wir haben uns dann zum Abendbrot in Philadelphia getroffen. Damals hatte ich geglaubt, PerkinElmer sei eigentlich zu klein für eine Übernahme von EUROIMMUN. Robert Friel hat dann aber klar gemacht, dass ausreichend finanzielle Mittel und ein großes Potenzial für eine solche Transaktion zur Verfügung stehen. PerkinElmer war kurz zuvor bei einer anderen Übernahme gescheitert, weil ein Wettbewerber sie unwesentlich überboten hatte. An dieser verhinderten Transaktion konnte ich sehen, dass genug Mittel in der Kasse waren. Was aber wirklich gezählt hat, war, dass Robert Friel eine vertrauenserweckende Persönlichkeit ist. Es hat sich schnell eine freundschaftliche Verbindung entwickelt.
Maurenbrecher:
Und wie ist es dann zu der Wertfindung von 1,3 Mrd. USD für EUROIMMUN gekommen?
Stöcker:
Wir haben uns hingesetzt und ich habe gesagt, es muss auf jeden Fall eine 1 vorne stehen. Also machen wir 1,1 Mrd EUR, damit war Robert Friel einverstanden. Dann hat Perkin Elmer zunächst einen Vertragsentwurf geschickt, der ihm von einer Agentur ausgearbeitet worden war, voller unangenehmer, rüder Parameter, dass ich gesagt habe, das wird nichts, lasst uns das zu den Akten legen. Dann haben sie die Agentur außen vorgelassen und einen fairen Vertragsentwurf vorgelegt. Aus den 60 Seiten sind 8 Seiten geworden. So, in der Zwischenzeit hatten wir dann aber 15% mehr Umsatz erzielt, und wir haben uns per Handschlag auf 1,2 Mrd. EUR geeinigt, ohne große Mitwirkung teurer Agenturen, die doch nur ihre Existenzberechtigung demonstrieren wollen und die Sache erschweren. Hinterher waren noch ein paar Kleinigkeiten zu regeln, aber das ging dann einfach.
Maurenbrecher:
Wie wird es für EUROIMMUN jetzt durch die Übernahme weitergehen. Mit welchen Veränderungen rechnen Sie?
Stöcker:
Ich gehe davon aus, und das ist auch so angekündigt worden, dass in den nächsten Jahren alles erstmal genau so weiterlaufen wird wie bisher. Die Amerikaner möchten von unseren Fähigkeiten profitieren, und um das zu erreichen, müssen sie unser System bestehen lassen. Dieser Eindruck hat sich in den letzten Monaten bestätigt. Wir haben uns in Boston und in China bei Vortragsveranstaltungen einander vorgestellt, ich habe da ein sehr gutes Gefühl. Alles andere wäre auch Unsinn. Wir haben keine überlappenden Geschäftsbereiche und wenn die Amerikaner jetzt bei uns Geschäftsbereiche, Märkte, Produkte streichen würden oder Mitarbeiter entlassen, dann würde ihnen das fehlen. Es gab ja auch andere Unternehmen, die für EUROIMMUN geboten haben oder gerne geboten hätten, und alle hätten auch über eine Mrd. EUR dafür gegeben. Die hätten dann aber einige Bereiche bei EUROIMMUN eingestampft, wo sie selbst Produktlinien vorhalten, sie hätten sich da nur einen Konkurrenten vom Hals geschafft. Das kam für mich nicht in Frage.
Maurenbrecher:
Wenn sich für das Unternehmen nichts ändert, wie ist das denn für Sie persönlich?
Stöcker:
Also ich bleibe dem Unternehmen ja noch ein paar Jahre erhalten, und der CEO von PerkinElmer ist auch sehr froh darüber, sie schätzen meine Erfahrung und Kompetenz, und es gibt viele Kunden, die ein bisschen auf mich fixiert sind. Das Gleiche gilt auch für meine Kollegen. Sie sehen, dass ich an Bord bleibe, und brauchen sich nicht vorsichtshalber nach einem neuen Job umzusehen.
Maurenbrecher:
Ich habe den Eindruck, dass Sie davon überzeugt sind, Ihr persönliches Nachfolgethema ideal gelöst zu haben. Gleichzeitig geht aber offenbar alles weiter wie zuvor. Gibt es für Sie ein dominierendes Gefühl zu dieser Transaktion?
Stöcker:
Das gibt es in der Tat. Ich fühle mich schwerwiegend erleichtert, weil ich dieses Zukunftsproblem gelöst habe. Grundsätzlich kann man aber ja auch nicht für immer davon ausgehen, dass alles immer so weitergeht. Und in dem Fall habe ich eben „meine Schäfchen im Trockenen“.
Maurenbrecher:
Gleichzeitig betonen Sie aber auch, dass der finanzielle Aspekt für Sie gar nicht so wichtig ist?
Stöcker:
Das will ich so nicht sagen. Mir ist wichtig, dass mit dem Geld etwas Sinnvolles passiert, und da habe ich mir eben das mit dem Lübecker Flughafen überlegt. Er ist zwar relativ klein, aber ich habe mich dafür schon lange interessiert und ich möchte mir selber zeigen, dass es klappt. Im Grunde ist es ein Experiment. Als Erfinder hat man einfach derartig viele glückliche Momente, wenn Sachen, die man sich ausgedacht hat, wirklich funktionieren. Da läuft es einem dann eiskalt den Rücken herunter. Ein anderes Projekt dieser Art ist das Kaufhaus in Görlitz.
Maurenbrecher:
Könnte es denn sein, dass neben dem Flughafen und dem Kaufhaus noch weitere Projekte dieser Art dazu kommen?
Stöcker:
Das könnte schon sein. Es ist ja dann auch noch etwas von dem Verkaufserlös übrig. Und zwar habe ich mir in der Oberlausitz einen Berg neben dem Berzdorfer See gekauft. Dort möchte ich gerne ein Golfhotel erstellen, was aber in erster Linie ein trinationales Kongresshotel sein soll. Hier können sich dann die Polen, die Tschechen und die Deutschen treffen. Mir liegt bei diesem Thema im Wesentlichen die Völkerverständigung dieser drei Länder am Herzen. Ich bin dort einmal vom dortigen Bürgermeister hingeführt worden und die Aussicht in die umliegenden Gebirge ist einfach traumhaft, ein idealer Standort für so ein Projekt.
Maurenbrecher:
Wenn ich Sie richtig verstehe, dann werden Sie nicht versuchen, Ihr Vermögen zukünftig diversifiziert anzulegen, sondern konzentriert in wenige Projekte investieren. Können Sie Ihre Gedanken hierzu etwas ausführen?
Stöcker: Gerne.
Ich kann das Vermögen nun einmal nicht mit nach oben oder besser nach unten mitnehmen. Daher möchte ich es in aus meiner Sicht sinnvolle Projekte stecken. Wahrscheinlich werde ich mich mit 100 – 200 Mio. EUR an PerkinElmer beteiligen. Das hilft denen und EUROIMMUN dann auch. Daneben habe ich dann die Themen des Flughafens Lübeck, das Kaufhaus in Görlitz und vielleicht das Golfhotel in der Oberlausitz. Meine 6 Kinder bekommen jeweils eine feste einstellige Summe und die haben dem auch schon zugestimmt. Und darüber hinaus bekommen die Kinder meine Wohnhäuser in Gross Grönau und in Rennersdorf. Hier sind alle Kinder aufgewachsen und ich möchte das für sie erhalten.
Maurenbrecher:
Zum Abschluss unseres Gespräches würde mich nun noch Ihre Einschätzung zu der Beziehung von EUROIMMUN zu Kontora bzw. zu unseren Mandanten interessieren. Wir arbeiten seit 2008 zusammen. Damals suchten Sie Fremdkapital für die Finanzierung der Immobilie in Dassow. Wir hatten uns die Situation angesehen und waren sehr überzeugt von den Perspektiven des Unternehmens. Daher haben wir angefragt, statt Fremdkapital lieber Eigenkapital geben zu dürfen. In der Folge haben unsere Mandanten dann fast 9% der Aktien übernommen. Wie kam es ursprünglich zur Umwandlung in eine AG und wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Ihren Shareholdern erlebt?
Stöcker:
Also erstmal möchte ich mich für den Weihnachtsbaum bedanken, den Sie mir seitdem jedes Jahr schicken. Eine wirklich witzige Idee! Zurück zum Geschäft: Ohne die frühen Aktionäre wäre das Wachstum unseres Unternehmens so nicht möglich gewesen. Ohne das von außen zufließende Eigenkapital wären bestimmte Projekte einfach nicht finanzierbar gewesen, die dann aber für das weitere Wachstum sehr wichtig waren. Bevor wir die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft gemacht haben, war es finanziell für mich etwas eng. Ich hatte die Gesellschaft ja schon mit 750.000 DM Schulden gegründet, die ich dann in den nächsten Jahren immer etwas verstecken musste, und irgendwann haben die Banken dann darauf bestanden, die Eigenkapitalsituation des Unternehmens zu bereinigen. Durch die Umwandlung der GmbH in eine AG und die Ausgabe von Aktien konnte ich dann erstmal die Schulden begleichen und Herr Blankenburg, der ja ursprünglich von der Sparkasse kam, hat das dann alles organisiert und u.a. auch den Kontakt zu Kontora hergestellt. Plötzlich lief es also und seitdem kann ich Weihnachten immer gut schlafen, wo früher jedes Jahr der finanzielle Engpass am deutlichsten zu spüren war. Jetzt habe ich mit den Aktionären viele neue Freunde, und wir feiern unser Erfolge gemeinsam mit Champagner.
Maurenbrecher:
Als Vertreter von 9 Kontora-Mandanten, die damals zu verschiedenen Zeitpunkten zusammen 5 Mio. EUR investiert haben, können wir uns nur für Ihre herausragenden Leistungen bedanken. Wenn das Closing dieser Transaktion erfolgt ist, werden aus den 5 Mio. EUR 99 Mio. EUR für unsere Mandanten geworden sein. Wir finden durchaus regelmäßig sehr gute Investments, aber EUROIMMUN sticht da noch einmal heraus. Dafür möchte ich mich im Namen der Mandanten sehr herzlich bedanken.
Stöcker:
Auch ich möchte mich für Ihr für uns maßgebliches und hilfreiches finanzielles Engagement bedanken.
Das PDF des Kontora Family Office zum Interview der Woche finden Sie hier zum Download.
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