Ein über Jahrzehnte erwirtschaftetes Stiftungs- oder Privatvermögen in die Hände von externen Asset Managern außerhalb des inneren Vertrauenskreises zu übergeben, ist zweifellos ein großer Schritt. Ein Blick auf die Fakten macht außerdem schnell klar, welche Herausforderungen der Aufbau eines eigenen Single Family Offices bedeuten würde. Angefangen beim Personal: Experten für spezielle Anlageklassen sind schwer zu finden bzw. zu überzeugen. Nicht viel anders sieht es in der Buchhaltung aus. Auch dort wird es durch den Fachkräftemangel schnell zur Herkulesaufgabe, vakante Positionen zu besetzen. Auch die regulatorischen und bürokratischen Hürden sind dabei nicht zu unterschätzen. Ein Netzwerk zu erfolgreichen Asset Managern – und damit zu chancenreichen Investments – entsteht ebenfalls nicht von heute auf morgen.
Fest steht: Der Aufbau von internen Strukturen für ein eigenes Single Family Office benötigt jede Menge Zeit. Wer deshalb gleich auf das Know-how eines externen Family Offices setzt, „erkauft“ sich quasi Zeit und profitiert oft von dessen jahrzehntelanger Erfahrung. Hinzu kommt, dass die Kosten für ein sogenanntes Single Family Office in der Regel doppelt so hoch sind.
Family Offices machen Kompliziertes einfacher
Single Family Offices waren in den vergangenen Jahren einem zunehmenden Handlungsdruck beim Vermögensmanagement ausgesetzt. Angesichts niedriger Erträge aus den klassischen Renten- und Aktienportfolien rückten Alternative Investments verstärkt in den Fokus. Das Problem: Ein schnelles Umshiften ist aufgrund der Komplexität von vielen Private Markets nicht so ohne weiteres möglich. Oft scheitert es sogar schon an den Zugängen zu chancenreichen Investments, die gleichermaßen hohe Renditen wie konstante Ausschüttungen erwirtschaften. Die Anlagewelt ist dadurch in jedem Fall um einiges komplizierter geworden. Ein Momentum, in dem sich eine große Stärke des Outsourcings von Family Offices besonders deutlich zeigt: nämlich Kompliziertes einfach zu machen.
Es ist schließlich viel komfortabler, externe Experten die richtigen Lösungen für alternative Anlagen finden zu lassen, in die dann auch direkt investiert werden kann. Auch Private Equity-Investments werden wesentlich vereinfacht, da hochmoderne Technologien den Cashflow planbarer und effizienter machen. Die Argumente für ein Outsourcing von Family Offices liegen also alle auf der Hand. Und doch gibt es dabei auch eine wichtige psychologische Facette: die zögerliche Bereitschaft zum Delegieren von Vermögensthemen. „Typisch deutsch“ – möchte man sagen. In der Tat ist Deutschland hier im Vergleich zu den USA oder dem asiatischen Raum besonders vorsichtig.
Auch das Bauchgefühl muss stimmen
Jemand, der während seines Unternehmerlebens für bestimmte Betriebsbereiche Outsourcing „gelebt“ und erfolgreich praktiziert hat, wird nach dem Verkauf eher weniger Probleme damit haben, sein Vermögensmanagement in externe Hände zu geben. Wer hingegen schon immer gern alles „unter Kontrolle“ hatte, wird sich vermutlich schwerer damit tun. Das ist nur allzu menschlich. Das Misstrauen verschwindet meist erst mit dem „Proof of Concept“. Sprich: wenn die Renditen für das eigene Vermögen steigen und die internen Aufwände spürbar abnehmen.
Es gibt aber noch ein anderes Feld, auf dem oft ein neues Mindset vonnöten ist: und zwar im Umgang mit Risiken. Fast alle großen Vermögen sind durch das Eingehen eines Einzelrisikos erarbeitet worden: die sogenannten „Hidden Champions“ mit ihren oft weltweit gefragten technischen Spezialprodukten. Beim Vermögensmanagement funktioniert es genau andersherum: Hier gilt das Prinzip der Risikostreuung. Erst durch Diversifizierung erreichen Portfolios ihre Robustheit für Krisenzeiten. Auf mehreren Feldern gleichzeitig finanziell aktiv zu sein, widerspricht jedoch dem gelernten Muster, Einzelrisiken in ihrer Tiefe zu verstehen. Mit dieser Art von Kontrollverlust haben viele ehemalige CEOs so ihre Probleme. Das Credo „Vermögen schafft Möglichkeiten“ trifft zwar auch auf sie zu, aber defacto wird es von ihnen eher als Unfreiheit empfunden, da sie sich den größten Chancen erst über Outsourcing nähern können.
Ein weiteres großes Thema, das Unternehmerfamilien und Stiftungen in Deutschland bewegt, ist die Frage der Datensicherheit. Die Herausgabe von Informationen über private Vermögensverhältnisse an Dritte ist nach wie vor ein großes Hemmnis, wenn es darum geht, externe Family Offices hinzuziehen. Aber warum eigentlich? Zuverlässige Rechtesysteme, in denen nur klar definierte Personen Einsicht erhalten, sind bei renommierten Anbietern Standard. Oft benötigen externe Multi Family Offices auch keinen Einblick in sämtliche Finanzzahlen. Förderlich für ein gutes Bauchgefühl ist es auch, wenn langjährige ehemalige Mitarbeitende mit an Bord geholt werden und bestimmte Themen so „in der Familie“ bleiben. Fazit: Es gibt immer Lösungen für das deutsche Sonderphänomen der Vorsicht, das in den nächsten Jahren durch nachrückende Generationen aber sicherlich nach und nach an Bedeutung verlieren wird.
Worauf beim Outsourcing-Partner zu achten ist
Zunächst zur Grundsatzfrage: Für jedes Vermögenssegment einen Spezialisten beauftragen? Oder lieber auf einen Anbieter mit ganzheitlichem 360-Grad-Blick setzen? Die Antwort liegt auf der Hand: Auch hier lässt sich Komplexität reduzieren, indem man von Anfang auf ein einziges Multi Family Office vertraut, das alle Kompetenzen unter einem Dach vereint. Neben dem Renommee ist vor allem auf ein internationales Netzwerk und eine gute Infrastruktur zu achten. Und natürlich auf die Frage: Welchen Anreizen folgt das Multi Family Office? Ehrliche Beratung oder vordergründiger Verkauf? Frei nach Charlie Mungers „Show me the incentive, I’ll show you the outcome“. Wer diesen Blick einnimmt, wird schnell ein gutes Gefühl dafür entwickeln, ob der jeweilige Outsourcing-Partner der richtige ist.
Fest steht: Angst vor Outsourcing ist unbegründet, die großen Chancen überwiegen deutlich. Die Tatsache, dass auch die Digitalisierung und damit die Komplexität auf den Finanzmärkten weiter zunehmen wird, werden die Nachfrage nach Outsourcing-Lösungen für Multi Family Offices noch weiter ansteigen lassen. In Deutschland geschieht dies – durch das von Sicherheit geprägte Mindset – vielleicht etwas langsamer als anderswo auf der Welt. Aber klar ist auch: Das Zeitalter von Outsourcing ist beim Vermögensmanagement bereits in vollem Gange.